Chronische Gesichtsschmerzen umfassen vorwiegend 3 große Erkrankungsfelder:
- Trigeminusneuralgie und andere Neuralgien
- Craniomandibuläre Dysfunktion (Schmerzen aus dem Kauapparat und den Kaumuskeln)
- Anhaltender idiopathischer Gesichtsschmerz (früher auch atypischer Gesichtsschmerz genannt)
Bei der Trigeminusneuralgie kommt es zu einschießenden, bis zu 2 Minuten anhaltenden Schmerzattacken im Bereich eines oder mehrerer Äste des Trigeminusnerven. Der Trigeminusnerv meldet normalerweise alle Berührungs- oder Schmerzempfindungen von Gesicht, Nase, Mundhöhle und Zähnen zum Gehirn. Die Schmerzattacken werden typischerweise ausgelöst durch Essen, Trinken, Sprechen, Berühren des Gesichtes, Waschen, Rasieren, Zugluft und Kälte. Die Erkrankung kann in schlimmen Fällen zu weitgehender Unfähigkeit führen, Nahrung aufzunehmen oder zu sprechen.
Bei der Trigeminusneuralgie besteht die Möglichkeit, über Medikamente, insbesondere Antikonvulsiva (Medikamente gegen Epilepsie) zu versuchen, eine Remission zu erreichen. Eine Remission bedeutet, dass der Betroffene komplett anfallsfrei wird. Häufig sind diese Medikamente aber nicht ausreichend wirksam oder führen zu stark beeinträchtigenden Nebenwirkungen, so dass eine zusätzliche Behandlung mit den Methoden der Speziellen Schmerztherapie notwendig wird.
Wir haben ein spezifisches Therapiekonzept zur Behandlung der Trigeminusneuralgie entwickelt, das Methoden der therapeutischen Lokalanästhesie nutzt. Diese umfassen Blockaden an den Trigeminusnerven sowie bei Bedarf Sympathikusblockaden, insbesondere Stellatumblockaden oder GLOA-GCS-Blockaden. Durch die Nervenblockaden wird meist schnell eine Schmerzarmut oder Schmerzfreiheit hergestellt, die beispielsweise Essen, Rasieren, Waschen und Sprechen wieder ermöglichen. Durch wiederholte Injektionen kann häufig eine lang andauernde deutliche Attackenminderung bis Schmerzfreiheit erreicht werden.
Unterstützend können Schmerzinfusionen und Akupunktur eingesetzt werden.
Wenn eine Trigeminusneuralgie länger besteht, kommt es oft zu erheblichen Folgeverspannungen im Gesicht und Schulter-Nacken-Bereich und massiven Beeinträchtigungen der Stimmung. Die Krankheitsakzeptanz ist oft sehr schwierig und viele Betroffene bedürfen einer Unterstützung im Sinne eines Schmerzbewältigungstrainings. Daher ist die gleichzeitige Behandlung von Seiten der Physiotherapie und der Schmerzpsychologie sinnvoll.
Die Craniomandibuläre Dysfunktion beschreibt Schmerzen aus dem Kauapparat und den Kaumuskeln. Ursachen sind Verspannungen und Fehlfunktionen in diesem Bereich sowohl durch kieferorthopädische Probleme als auch durch die unbewusste Neigung, die Kiefermuskulatur zu verkrampfen. Letzteres findet vor allen Dingen nachts statt (nächtliches Zähneknirschen = Bruxismus). Primär ist eine zahnärztliche/kieferorthopädische Behandlung und Anpassung einer Aufbiss-Schiene sinnvoll. Oft reicht dies aber nicht aus, um der zunehmenden Schmerzen Herr zu werden. Es ist meist schwierig, die hohe Anspannung in der Kaumuskulatur bewusst wahrzunehmen und zu reduzieren. Auch haben sich häufig bereits ausgeprägte muskuläre Triggerpunkte entwickelt, die einer spezifischen Behandlung bedürfen. Dann ist eine multimodale Schmerztherapie mit dem Einsatz verschiedener Fachrichtungen notwendig, um eine deutliche Verbesserung zu erreichen.
Natürlich können auch Augen-, Nasen-, Nasennebenhöhlen-, Ohren- und Zahnerkrankungen zu Gesichtsschmerzen führen. Wenn all diese Ursachen ausgeschlossen sind, spricht man von einem anhaltenden idiopathischen Gesichtsschmerz. Dieser ist durch meist beidseitige, häufig dumpfe Schmerzen gekennzeichnet, die oft nach einer Zahn- oder Kieferhöhlenbehandlung beginnen. Die Schmerzen sind nicht eindeutig einer körperlichen Erkrankung zuzuordnen, sind häufig sehr schwer zu ertragen und führen oft zu unnötigen Eingriffen im Gesichtsbereich, die die Schmerzen dann oft noch weiter verschlimmern.
Die genaue Ursache dieser Gesichtsschmerzen ist unklar. Da es sich um eine Ausschlussdiagnose handelt, finden sich in dieser Patientengruppe sehr große Unterschiede bezüglich der notwendigen und hilfreichen Therapien. Oft lässt sich durch gezielte Nervenblockaden schnell klären, ob die Schmerzen durch eine örtliche Betäubung zu unterdrücken sind. In diesem Fall sind weitere Blockaden und andere körperliche Behandlungen neben psychologischen und medikamentösen Therapien sinnvoll.
Ist der Schmerz nicht blockierbar, können zur Schmerzlinderung Medikamente, Infusionen und psychotherapeutische Verfahren eingesetzt werden. Auch können Akupunktur und TENS-Gerät-Therapie hilfreich sein.
Allgemein gilt, dass nicht eindeutig notwendige operative Eingriffe im Gesicht auf jeden Fall zu vermeiden sind.
Der anhaltende idiopathische Gesichtsschmerz ist in vielen Fällen nur einer multimodalen, d. h. interdisziplinären Schmerzbehandlung zugänglich.